Das historische Stichwort: Die Siemens-Endstufe

Die Schaltung der Siemens-Transistorendstufe wurde so um 1971 herum veröffentlicht und wenig später gab es Bausätze und fertige Module zu kaufen. Die Endstufen hatten eine Leistung von 60 Watt Sinus und kosteten so um 60 Mark + Netzteil in der gleichen Größenordnung. Für uns waren die Teile eine wahre Erleichterung - schleppten wir uns in der Gruppe Kwalm noch mit Röhrenendstufen ab, die so an die 50 kg auf die Waage brachten. Röhrenendstufen waren ein ziemliches Risiko, denn die durften keinesfalls ohne Lastwiderstand - sprich Lautsprecher- betrieben werden. Die Siemens-Endstufen erwiesen sich dagegen als ein Wunder an Zuverlässigkeit, die Originalteile bedienen immer noch die Monitorboxen in meinem Übungsraum. Ende der 70er kamen die Siemens-Endstufen mit vier Leistungstransistoren mit 120 Watt auf den Markt. Zusammen mit einem Bassfalthorn mit 18-Zoll-Speaker wurde die Anlage unter anderem während meiner Zivi-Zeit bei den Jahnhallen-Discos eingesetzt, nachdem das damals installierte Hifi-Zeugs regelmäßig abrauchte.
Die Siemens-Endstufen waren reine Hifi-Komponenten, der ultimative Gitarrenton war damit nicht zu erzielen. Carlos´Gitarrenton von Samba Pati im Ohr begannen wir mit Verzerrerschaltungen zu experimentieren. Heraus kam die berüchtigte "Transistorsäge" der 70er Jahre. Seit jener Zeit hält sich hartnäckig das Gerücht, das mit Transistoren kein vernünfiger Gitarrenton zu erzielen sei. Die einfachste und gleichzeitig ätzendste Zerre war übrigens eine fette Siliziumdiode in Reihe mit den Lautsprechern. Gerüchten zufolge haben Iron Butterfly es bei In-a-gadda-da-vida auch so gemacht.
In den frühen 80er Jahren haben es dann so Amateurlöter wie ich es gelernt, vernünftig klingende Gitarrencombos zu bauen. Damals kamen die Bücher von Helmuth Lemme auf den Markt, der mit systematischen Untersuchungen die Zunft der Verstärkerbauer ein wenig von der Esoterik befreite. Jedenfalls fanden meine Ergebnisse auch vor Fetes Ohren Gnade.

Jürgen