Jörg Eilers, genannt "Fete"

Mal ehrlich: Es die waren die Männerfreundschaften, die die populäre Kultur vorangebracht haben. Denkt nur an Pat und Patachon, Jack Lemmon und Walter Matthau, Terence Hill und Bud Spencer, Uderzo und Goscinny, die Everly Brothers, Simon und Garfunkel, Lennon und McCartney, Jake und Elwood Blues, die Olson Brothers.

Was das mit mir zu tun hat? Nun, ganz einfach: Ich, Fete Eilers, bin Teil der längsten Männerfreundschaft der Nordenhamer Musikszene. Mein Kumpel Tommy und ich machen seit über 25 Jahren zusammen Musik. Wir sind die Dick und Doof der Nordenhamer Szene. Ein miserabler Gitarrist und ein triebhafter, magersüchtiger Sänger. Gab es das nicht schon einmal? Klar! Mick Jagger und Keith Richards. Meine Geschichte ist also die eines Teils der Glimmer-Twins aus Nottingham.

Aber lasst mich am Anfang beginnen. Meine ersten Instrumente waren eine Mundharmonika von Hohner, gekauft bei Radio Walter und dann später, mit elf oder so, eine Melodica. Ja, ihr hört richtig: eine Melodica, das ist ein Keyboard zum reintuten. Meine Eltern konnten einfach nicht ignorieren, dass Musik mich faszinierte, also schenkten sie mir eine Melodica. Auch von Radio Walter. Wahre Meisterschaft habe ich auf beiden Instrumenten nicht erreichen können.

Meine ersten Einflüsse waren Mr. Marriot, my Englishteacher at Gymnasium in the 10th Class und der coolste Typ der Klasse, Ralf Kresin. Das bevorzugte Lehrbuch von Mr. Marriot war das Songbuch "Beatles Complete". Ralf spielte die Songs auf der Gitarre, und wir durften sie übersetzen.

Meine erste Gitarre kostete 30.-DM und war ein Import aus Polen, das damals noch sozialistisch war. Die Klampfe war unbeschreiblich, 10cm Saitenlage am fünften Bund und der Hals war so breit wie ein Baseballschläger - ich habe `mal gelesen, Brian Mays legendäre Gitarre soll auch so sein. Ich nahm jedenfalls Unterricht bei Ralf, für 1 DM die Stunde.

Hugo Eger (dr) und TommyDie Wege von Tommy und mir kreuzten sich dann schon in der ersten Band, in der ich spielte: "Relation". Die erste Probe fand im Schuppen von Rolf Modro statt. Mit Schuppen meine ich: Beatschuppen. Das waren dunkle Höhlen mit bunten 100 Watt Strahlern an der Lichtorgel und alten Matratzen, die auf dem Boden lagen, um sexuelle Aktivität vorzutäuschen. Hugo Eger - nicht zu verwechseln mit Hugo Egon Balder - unser Drummer hatte uns Tommy als Super-Bassisten angekündigt. Tommy hatte einen Bass, das war aber auch schon alles. Er konnte nichts, gar nichts, überhaupt nichts. Ich glaube, er konnte damals noch nicht einmal sprechen. Wir wollten ihn `rausschmeißen, konnten es aber nicht, weil ihm das Schlagzeug gehörte.

Irgendwann, nachdem er sprechen gelernt hatte, lernte er zwei Typen mit Orgeln kennen und verließ uns, um mit denen die Band "Rising Rainbow" zu gründen. Stellt euch `mal vor, dieses blöde Arschloch verließ uns wegen einer Farfisa-Orgel und einem Synthie-Ersatz von Crumar. Ich glaube, ich kann Keyboarder deshalb bis heute nicht ab! "Rising Rainbow" spielten auf dem Kaufstraßen-Festival, weil die Band von Tommys Vater "Gentleman und Lady" dort auftrat. Ihr Gitarrist durfte auf der Stratocaster von Egon Eden spielen. Ich habe sie gehasst.

Relation - der Name gehörte mir - gelang es, aus der Umbesetzung Kapital zu schlagen. Auch ohne Scheißkeyboards waren wir die bessere Band. Wir hatten Ralf Engel an der Gitarre. Ralf hatte eine Stratocaster und einen Vox-AC 30 Amp. Das war mein Traum-Equipment. Irgendwann war der Traum Wirklichkeit. Den AC 30 habe ich für 500 Tacken gebraucht gekauft. Ein Sahnestück, mit Jensen-Speakern und Chickenhead-Potis. 1977 konnte ich mir dann von meinem ersten Gehalt eine Stratocaster kaufen - Post CBS, mit dieser blöden Dreifachbefestigung des Halses. Was wollte ich mehr? Ach, ja, "Rising Rainbow" zerstören.

Ich stieg also bei diesen Weichkeksen ein. Sie probten im Preussag-Kasino. Die erste Probe mit ihnen war echt bizarr. Ein Gitarrist spielte in einem Raum neben der Bühne! Man hörte ihn, konnte ihn aber nicht sehen!! Tommys Bruder Renè hatte eine zwölfsaitige Gitarre bei der - egal was er auch machte - höchstens sechs Saiten stimmten. Ich werde es heute wie damals kurz machen: Meine erste Probe war gleichzeitig die letzte der Band. "Rising Rainbow" und "Relation" fusionierten zu "Skylark". Tommy und ich sollten uns von damals bis heute nicht wieder trennen.

Der Sänger von "Skylark" war Hartmut Buck. Hartmut konnte tierisch hoch singen. Hoch singen zu können, war damals Pflicht. Unsere Idole waren Yes, Journey, Foreigner, Kansas, Wishbone Ash. Hört euch die `mal an. Oder Robert Plant, Ian Gillan. Sting hatte erste Erfolge mit Police. Und ihr hättet Hartmut sehen sollen: Mit roter Satin-Hose!! Es kam, wie es kommen musste: "Lilac Incense" warb ihn ab. Tommy und ich waren am Boden zerstört. Gesang war so wichtig. Was nun? Wir haben "Swan" gegründet. Eine reine Cover-Band. Tommy wurde Lead-Sänger, ein weiser Entschluss, würde ich `mal sagen.

Fete bei PSTMit "Swan" haben wir die Zeit ganz gut überbrückt, bis "Lilac Incense" über den Jordan ging. Die Reste beider Bands gründeten im September 1983 "Please Stop Talking". Die Songs von "PST" - wie die Band genannt wurde - finde ich auch heute noch gut. Die meisten von ihnen hat Hergen Hasemann komponiert, der dafür ein echtes Händchen hatte. Wenn's klappt könnt ihr zwei Songs downloaden, die sind dann allerdings von Renè Marèchal, der ein noch besseres Gespür für Melodien hatte und sehr gefühlvoll Balladen vortragen konnte. Wir waren kreativ, wir hatten Erfolg und wir hatten vor allem dauernd Zoff.

Hergen hat Renè und mir dann irgendwann bei einem Treffen der Band offenbart, dass wir ihm zu blind seien. Also ich sag' mal so: die Art und Weise, wie er es `rübergebracht hat, war schlicht unter aller Sau. Wir haben uns damals aber alle nichts geschenkt und inhaltlich hatte er Recht. Ich habe mir dann vorgenommen, es ihm zu zeigen. Willi Saemann, Yeti und Michael Jacobs waren damals mit "Una Banda" die absoluten Champs in Nordenham. Ich hatte einen guten Draht zu Willi und habe ihn um Rat gefragt, was ich denn nun machen könne. Willi hat mir Axel Jungbluth empfohlen. "Jazz-Harmonielehre" vom Schott-Verlag sollte ich mir bestellen und `reinziehen. Ich habe geschlagene zwei Wochen gebraucht, nur um die erste Seite zu begreifen, aber danach ging es dann. Es war immer noch anstrengend, aber ich habe es geschnallt, und es hat mich wirklich vorangebracht, mir sind Zusammenhänge klar geworden, ich konnte mich autodidaktisch mit Skalen und Akkorden vertraut machen. Harmonielehre ist für mich die Sprache der Musik. Das Buch habe ich irgendwann Sven Lüdke geliehen, der es mir bis heute nicht zurückgegeben hat.

Ein Jahr nach Hergens freundschaftlichen Hinweis bin ich dann bei "Una Banda" eingestiegen. Was für eine Karriere!

Die Zeit bei "Una Banda" war geil. Wilhelm Saemann war nicht nur der Bassist, sondern auch der Manager der Band. Er hat "Una Banda" inszeniert. Das Motto "Think big" hat Willi erfunden. Die "Una-Banda-Road-Crew" fuhr mit einem Sattelschlepper vor. Licht und Sound im Megawattbereich. Orgien in Hotels - na ja, es wurde gesoffen und gekifft, den Sex haben wir uns für zuhause aufgespart. Als ich mich bei einer ungefähr achtzigjährigen Hoteleigentümerin frühmorgens um 12:00 für unser Verhalten in der Nacht entschuldigt habe, meinte sie: "Naja, Sie sind ja Künstler!" Ist das nicht geil? Wir spielten in Bielefeld, Münster, Oldenburg, Bremen, Hildesheim, Wilhelmshaven, Clausthal-Zellerfeld und watt weiß ich noch wo! Wir haben Millionen verdient - und gleich wieder ausgegeben. Nicht ein Pfennig blieb über! Nix! Null! Was mich aber wirklich am meisten gefrustet hat, waren diesen leeren Gesichter, in die du geblickt hast. Diese vielen Leute, die nichts - aber auch wirklich gar nichts - mit dieser richtig geilen Mucke anfangen konnten. In Bielefeld brüllte irgend so ein besoffenes Arschloch immer: "Schpiehlt doch ma Pörpel Rehn, schpiehlt doch ma Pörpel Rehn, schpiehlt doch ma Pörpel Rehn!" Es war grausam. Michael Jacobs wolle ihn töten. Die Band vor uns meinte, Bielefeld sei nur halb so groß wie der Zentralfriedhof von New York, aber doppelt so tot!

Ich musste aus verschiedenen Gründen damit aufhören. Mein erster Sohn war geboren, wir hatten uns ein Haus gekauft - von der "Una Banda" Kohle - kleiner Scherz - und es wurde zu strapaziös. Ich konnte auch nicht mehr mithalten.

Ich habe mir damals vorgenommen, nur noch Musik zu machen, mit denen das Publikum auch etwas anfangen kann, und wenn es "Purple Rain" ist. Mein Einstellung zur Musik ist von der Vorstellung geprägt, andere Menschen zu unterhalten.

Genau darum geht es uns auch bei "Prime Time". Ich liebe diese Band. Wir haben zehn Jahre unbeschadet überstanden. Wir sind miteinander befreundet und auch wenn wir uns `mal fetzen hält sich der gruppendynamische Smog in Grenzen. Vor allem haben wir regelmäßig das unbeschreiblich geile Gefühl, dass die Leute eine gute Zeit mit uns verbringen. Paul McCartney hat auf die Frage, was für ihn Luxus sei geantwortet: Eine Band! Oder erinnert ihr euch an die heiligen Worte von Jake Blues: "Die Band, Die Band". Lieber Gott, mache, dass das noch möglichst lange funktioniert.

"Skyline" habe muss ich noch erwähnen. Acht Jahre lang ehrliche Tanzmusik in Trio-Besetzung mit Sven Kretschmer und Volker Hofschildt. Genau wie bei "Prime Time" haben wir jede Note selbst live gespielt und wir waren echt gut. Kein Sequenzer-Scheiß, wie viele Plastikbands ihn heute präsentieren. Tanzmusik kann ich jedem Nachwuchsmucker nur empfehlen. Man lernt, die Leute zu unterhalten, sie zu packen. Es gibt viel zu wenig Tanzbands in kleiner Besetzung und viel zu viele DJs.

Was gibt es noch zu sülzen:

Ich bedanke mich bei Birgit, Tim und Neel, die mich in den ganzen Jahren mit meiner Leidenschaft teilen mussten. Ich tue das in der Gewissheit, dass die Musik unser gemeinsames Leben bereichert hat.

Ich bedanke mich bei meinem langjährigen Weggefährten Tommy, der damit stellvertretend für alle Mitmusiker/innen steht, die mich und meine Eigenarten in den Jahren seit "Relation" ertragen mussten.

Ich habe mich mit mäßigen Talent ziemlich lange und ziemlich gut in dieser fantastischen lokalen Szene gehalten. Ohne den Tipp von Wilhelm, wäre ich schon lange weg vom Fenster gewesen. Meine Gitarre würde wie die von vielen anderen am Nagel hängen. Also: Schönen Dank, Willi.

Ich hoffe, dass möglichst viele junge Musiker nachwachsen. Also Kids: Ran an den Speck. Ein Instrument kann jeder lernen. Es ist dafür nie zu spät. Schmeißt die Playstation an die Wand, gebt alles und dann bekommt ihr mehr zurück, als bei jedem anderen Hobby, da bin ich völlig sicher.

Die Nordenhamer Szene lebt. Sie ist jetzt das Forum für so vielversprechende Bands, wie "Golden Erection" oder "Ruta Baga", die nicht nur erstklassige Musiker sind, Ausstrahlung und ein Gespür für Entertainment haben, sondern auch noch tierisch gut aussehen, was auch nicht ganz unwichtig ist, vielleicht wären J. La und Fete sonst Popstars geworden, ihr habt uns noch nicht tanzen sehen!

Ich bin jedenfalls gespannt, wie's weitergeht.

Bleibt munter

Fete